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Welche Vorteile der digitale Euro bringen soll

Die Europäische Zentralbank EZB treibt ihre Pläne zur Einführung eines digitalen Euro voran. Dass er kommt, ist noch nicht sicher – ebenso wenig, ob es ihn braucht.

Die Mühlen der europäischen Regulierung mahlen bekanntlich eher gemächlich. Projekte, die den Anschluss an die rasante technologische Entwicklung sicherstellen sollen, bilden da keine Ausnahme. Bereits 2021 gab die Europäische Zentralbank (EZB) den Startschuss für den „digitalen Euro“ als weiteres Zahlungssystem. Seither wird in Brüssel an einer entsprechenden Verordnung getüftelt. Denn ohne eine solche gesetzliche Grundlage, verabschiedet vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament, darf die EZB ihre Pläne nicht konkretisieren – und noch nicht mal entscheiden, ob das Projekt E-Euro überhaupt weiterverfolgt wird. Für das erste Halbjahr 2026 wird Klarheit in dieser Frage erwartet. Frühestens 2029 könnte das digitale Zentralbankgeld dann in Umlauf gebracht werden, mithin acht Jahre nach seiner Initiierung.
Für institutionelle Investoren und Anbieter geschlossener Fonds ist das ein langer Zeithorizont. Potenzielle operative oder strategische Effekte auf bestehende Investitionsmodelle bleiben somit mittelfristig unklar. Aber auch seitens der Konsumenten gibt es Zweifel am Nutzen dieses E-Euro. In einer Civey-Online-Umfrage für den Sparkassenverband aus dem Sommer 2025 lehnen drei Viertel der gut 5.000 Befragten den E-Euro ab. „Der digitale Euro würde Widerstandsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation im europäischen Zahlungsverkehr fördern“, gibt sich dagegen die EZB überzeugt.
Sie sieht den Euro als eine der Leitwährungen von mehreren Seiten in Gefahr: Nicht nur der Kryptomarkt gräbt ihm das Wasser ab, demnächst wollen auch die USA, China und Großbritannien eigene virtuelle Währungen einführen. Überdies wird der internationale Zahlungsabwicklungsmarkt von US-Platzhirschen beherrscht. Der E-Euro könnte davon ein Stück zurückholen und so mehr europäische Souveränität schaffen. 
Für Fondsmanager stellt sich die strategische Frage, ob der E-Euro zum Vehikel für mehr Zahlungsunabhängigkeit im europäischen Raum – auch in grenzüberschreitenden Beteiligungsstrukturen - werden kann. Würde dieser Fall eintreten, könnte dies indirekt die Attraktivität europäischer Fondsstandorte stärken. 
Eine Mittelposition nehmen die Finanzinstitute ein. Einen praktischen Mehrwert für Verbraucher und Unternehmen würden sie begrüßen; zugleich müssen sie befürchten, dass ihnen die in Digitaleuros umgewandelten Kundengelder als Einlagen für ihr eigenes operatives Geschäft fehlen. Das wiederum betrifft indirekt auch Kapitalanlagen: Wenn Banken Liquidität verlieren, könnte dies Kreditvergabe und Projektfinanzierung erschweren – ein potenzieller Risikofaktor für Fonds, die auf Co-Finanzierungen oder Zwischenfinanzierungen angewiesen sind.

Mehr Sicherheit und Anonymität
Worin genau würde überhaupt der Mehrwert gegenüber Kryptowährungen, aber auch gegenüber dem klassischen elektronischen Zahlungsverkehr bestehen? Laut EZB wäre mit dem E-Euro ein Plus an Sicherheit zu erwarten. Denn anders als Bitcoin, Ethereum & Co. wird der Euro auch in seiner digitalen Variante von der Zentralbank ausgegeben und gesteuert. Über die Geldmenge kann diese die Währungsstabilität aufrechterhalten. Im Vergleich mit dem heutigen elektronischen Euroverkehr wären zudem bei Finanzkrisen keine Ausfälle zu befürchten, wenn etwa private Zahlungsdienstleister oder Banken in Schieflage geraten würden. Von dem gestiegenen Sicherheitsniveau würden Konsumenten und Unternehmen gleichermaßen profitieren. Diebstahlsicher wird der E-Euro jedoch nicht sein. Die Wallet (digitale Geldbörse), in der er aufbewahrt wird, kann zum Ziel von Cyberkriminellen werden.
Für institutionelle Anleger mag die staatliche Absicherung des E-Euro eine zusätzliche Sicherheit bieten – besonders in Krisenszenarien. Im Vergleich zu Stablecoins oder privaten Kryptowährungen böte der E-Euro regulatorische Klarheit und Stabilität. Dennoch: Für die typische Fondstransaktion, die ohnehin über Verwahrstellen und Intermediäre läuft, ist der unmittelbare Sicherheitsvorteil begrenzt.
Dafür versprechen die Verfechter des Digitaleuro mehr Privatsphäre für die Nutzer als im herkömmlichen elektronischen Zahlungsverkehr. Bei den Transaktionen sollen keine Daten übermittelt werden, die Absender und Empfänger identifizierbar machen könnten. Die Anonymität soll dadurch mit der einer Barzahlung vergleichbar sein. Ungeklärt ist allerdings, wie zugleich der formulierte Anspruch auf mehr Schutz vor Geldwäsche eingelöst werden soll. Voraussichtlich wird ein Limit für E-Euro-Guthaben eingeführt, in Brüssel kursiert die Zahl von 3.000 Euro, die indes von offizieller Seite bisher nicht bestätigt wurde.
Weiterhin auf der Habenseite des digitalen Euro steht seine gegenüber Kryptowährungen weitaus größere Akzeptanz. Als gesetzliches Zahlungsmittel müsste er prinzipiell von allen Händlern angenommen werden. Für Anleger in geschlossene Fonds stellt sich zudem die Frage: Welche Vorteile hat der E-Euro etwa bei Zahlungsströmen, können sie effizienter oder günstiger über den E-Euro abgewickelt werden? Oder handelt es sich primär um ein Retail-Produkt, das für institutionelle Investoren bestenfalls eine Nebenrolle spielt?

Lohnt sich der Aufwand?
Die EZB avisiert mit dem digitalen Euro ein zusätzliches Zahlungssystem, das neben die bestehenden treten soll.  Die Bezahlung wird für sie weder schneller noch einfacher, automatisierte Maschinenzahlungen (M2M) wird es auch damit nicht geben, und der Sicherheitsgewinn ist für die meisten Menschen kaum relevant. Auf der Kostenseite könnten die Nutzer zwar profitieren, da kein Dienstleister wie eine Bank zur Guthabenübertragung eingeschaltet werden muss. Dem stehen aber beträchtliche Aufwendungen für die nötige technische Infrastruktur gegenüber.
Für die Fondsbranche bleibt der tatsächliche Nutzen des E-Euro bislang ebenfalls eher hypothetisch. Ohne konkreten Vorteil bei Transaktionssicherheit, Zahlungsabwicklung oder regulatorischer Vereinfachung bleibt das System für geschlossene Fonds zunächst irrelevant. Der signifikanteste Vorteil des E-Euro dürfte in einer größeren geostrategischen Unabhängigkeit der Europäer liegen, die damit auf dem Feld der Digitalwährungen eine eigene Parzelle behaupten könnten. Angesichts der US-Dominanz in digitalen Technologien ist das sicherlich ein sinnvolles Ziel. Langfristig könnte dies die Position Europas als Finanzstandort stärken – und damit auch die Investitionsbasis für alternative Anlageprodukte. Ob es den immensen Aufwand rechtfertigt, bleibt abzuwarten.

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