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"Die Nutzungsart Wohnen bleibt global gesehen weiterhin attraktiv"

Sebastian Thürmer, Geschäftsführender Gesellschafter bei artis ICM, sprach mit uns über die Ergebnisse einer Studie zu den Präferenzen der institutionellen Investoren.

Herr Thürmer, die Ergebnisse der Studie 2023 zeigen deutlich: Das Interesse institutioneller Investoren an Immobilien scheint abzukühlen – was sicherlich zu einem großen Teil den steigenden Zinsen geschuldet ist. Was bedeutet das für die klassischen, festverzinslichen Anlageformen?

Festverzinsliche Anlageformen sind aufgrund des jetzigen Zinsniveaus wieder attraktiver geworden. Die frühere Bedeutung dieser Assetklasse werden wir in naher Zukunft jedoch nicht mehr sehen. Zukünftig stehen bei Investoren nicht nur die Rendite oder die Risikodiversifikation im Blickwinkel, sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte. Diese können besonders bei alternativen Investments zielgerichteter implementiert werden als bei klassischen Anlageformen. Das bedeutet, dass die Quote festverzinslicher Anlageformen zugunsten alternativer Investments weiterhin abnehmen wird. In den vergangenen Jahren wurden die Immobilienquoten deutlich ausgebaut. Nun profitieren andere alternative Investments wie zum Beispiel Infrastrukturanlagen.

Sie haben es angesprochen: Aktuell stehen alternative Investments in Form von Infrastrukturinvestments, besonders im Bereich Energie, hoch im Kurs. Werden sie die Immobilien noch überholen?

Infrastrukturinvestitionen werden in den kommenden Jahren enorm an Bedeutung zunehmen. Thematisch steht bei Institutionellen der Sektor Energieinfrastruktur als Kernstück der Energiewende ganz oben auf der Agenda. Die neu investierten Kapitalanlagen in Richtung nachhaltiger Anlageeigenschaften sind erst der Beginn einer grundlegenden Verschiebung der Investmentbedürfnisse. Nachhaltigkeit ist mittlerweile längst zu einem wirtschaftlichen Erfolgsfaktor geworden. Bald werden neben Energie auch die Sektoren Verkehr (öffentlicher Personenverkehr sowie Gütertransport) und Soziales (Gesundheit, Bildung und Kultur) deutlich zulegen. Institutionelle Investoren, insbesondere Versicherungen, streben eben nicht nur nach Rendite, sondern wollen einen Mehrwert für die Gesellschaft generieren und daran auch aktiv mitwirken.

Gilt das auch für die Erneuerbaren Energien?

Bei Erneuerbaren bin ich etwas zurückhaltender. Einerseits existiert eine hohe Bereitschaft zu investieren, andererseits sind die Renditen aber eher dürftig. Das liegt sicherlich auch daran, dass Windparks und Photovoltaikanlagen mit zunehmender Lebensdauer an Wert einbüßen. Ob in zehn Jahren Immobilien oder Infrastrukturinvestments eine stärkere Gewichtung in der Gesamtallokation einnehmen, ist zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation. Beide Assetklassen haben in der Kapitalanlage weiterhin ihre Berechtigung.

Hinsichtlich der Allokationen für alternative Investments entdecken die Institutionellen neben dem europäischen offenbar den nordamerikanischen Markt für sich. Worauf ist diese Entwicklung aus Ihrer Sicht zurückzuführen? Und für welche Assetklassen gilt sie besonders?

Dies dürfte für alle Assetklassen gelten, im Besonderen aber für Immobilien. Die USA verfügen über die größte Volkswirtschaft der Welt. Im Vergleich zu Europa punkten die USA und Kanada mit positiven demografischen Aussichten, attraktiven Standortbedingungen, einer proaktiven Industriepolitik, niedrigeren Energiepreisen, großen Rohstoffvorkommen sowie langfristig robusten Konjunkturdaten. Institutionelle werden in Nordamerika erst einmal ihre Immobilienquote ausbauen und dann in weitere Assetklassen investieren. Europäische Institutionelle sind bei ihren Kapitalanlagen bislang zu stark auf den Euroraum fixiert. Eine breitere Streuung nach Regionen und Währungen spricht momentan für Anlagen im Dollarraum, auch im Hinblick auf langfristig drohende Währungsverschiebungen.

Ihre Studienergebnisse zeigen auf, dass bei Immobilien vor allem die Nutzungsart Wohnen ausgebaut werden soll. Sehen Sie hier einen anhaltenden, möglicherweise gar globalen Trend?

Die Nutzungsart Wohnen ist schon seit Jahren ein globaler Trend, nicht nur in Deutschland und Europa fehlt es an Wohnraum, auch in Nordamerika kann ein Mangel an Wohnungen identifiziert werden. In den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern Asiens bildet sich nach Jahren des Wachstums eine Mittelschicht, welche die Nachfrage nach Wohnungen ankurbelt. Die Nutzungsart Wohnen bleibt global gesehen für Institutionelle weiterhin attraktiv. Sie profitiert aber auch von einer seit Jahren deutlichen Zurückhaltung gegenüber gewerblichen Nutzungsarten wie Büro, Handel oder Hotel.

Die Nachhaltigkeitsfrage halten mittlerweile vier von fünf institutionellen Anlegern auch bei alternativen Investments für wichtig oder sehr wichtig. Das gilt vor allem bei den Immobilien. Was sollten Anbieter 2023 leisten, um die Bedürfnisse der Anleger bestmöglich zu erfüllen?

Institutionelle investieren in Zukunft nur noch in Neubauten oder in Bestandsimmobilien nahe der Neubaugrenze. Ältere Liegenschaften dürften bei der Neuausrichtung keine große Bedeutung mehr einnehmen. Zukünftig sind nicht nur Lage, Mieterqualität und Mietvertragslaufzeiten entscheidend, sondern auch die Energieeffizienz. Indirekte Anlagevehikel werden nur noch als Sondervermögen nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung wettbewerbsfähig sein. Damit ist die Zeitenwende auch schon in der Gegenwart angekommen.

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