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„Rendite und Kirche lassen sich sehr gut vereinbaren“

Ein Gespräch mit Dr. Ralph Poirel, Beauftragter für ethisches Investment bei der Deutschen Bischofskonferenz.

 

Herr Dr. Poirel, „ethisches Investment“ ist ein schwer fassbarer Begriff. Vermutlich ist hiermit mehr gemeint als nur der Kauf einiger grüner Fonds, oder?


Dr. Ralph Poirel: In der Tat, es geht um Investments, die auf Haltungen beruhen und nicht nur den einen oder anderen Fonds betreffen. Ein ethisches Investment soll langfristig und nachhaltig zu verantworten sein. Das heißt, es soll in seinen gesamten Auswirkungen nicht gegen ethisch-moralische Prinzipien wie etwa eine umfängliche Gerechtigkeit verstoßen. Ökologische Kriterien wie bei sogenannten grünen Fonds sind nur Einzelaspekte davon. Es geht um verantwortliche Investitionen, die den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand fördern und sichern. Ethisches Investment bedeutet daher auch, verstärkt um Sicherheit, langfristige Wirtschaftlichkeit oder soziale Fürsorge bemüht zu sein. Ein Kunde, der sich für ethisches Investment interessiert, wird sehr schnell merken, ob sein Kooperationspartner das in seinem Unternehmen lebt, was dieser als Produkt verkauft.


Das heißt, es geht weniger um ein bestimmtes Produkt als um eine Grundhaltung, um ein Gesamtbild des Unternehmens?


Dr. Poirel: Ganz genau! Mit diesen Investments ist eine Grundüberzeugung eines Unternehmens gemeint. Diese muss Werte widerspiegeln, mit denen sich der Investor identifizieren kann. Das fängt bei einem alltäglichen Umgang mit den Mitarbeitern im Unternehmen an. Es kann auch eine humanitäre Ausrichtung oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bedeuten. Eine ganzheitliche Betrachtung der Investitionsziele und ihrer Auswirkungen ist dabei unabdingbar. Ich kann beispielsweise nicht eine rein ökologische Fokussierung hinnehmen, die in the long run menschenrechtsverletzend ist, da sie auf Kosten sozialer Nebenbedingungen umgesetzt wird.

 

„Die Kirche ist irdisch verhaftet und somit auf irdische, materielle Güter für ihre Handlungsfähigkeit angewiesen.“

Als Mann der Kirche befinden Sie sich in einem interessanten Spannungsfeld: Einerseits soll der irdische Besitz keine Rolle mehr spielen. Andererseits spricht Jesus selbst in einem bekannten Gleichnis von den Talenten, mit denen der treue Knecht wuchern soll. Das ist sicher als Metapher für den Glauben zu lesen, hat ja aber durchaus auch eine ökonomische Komponente. Wie gehen Kirche und Rendite zusammen?


Dr. Poirel: Zunächst einmal: Die Kirche ist irdisch verhaftet und somit auf irdische, materielle Güter für ihre Handlungsfähigkeit angewiesen. Sie benötigt Prosperität, um ihre Aufgaben in Liturgie, Verkündigung und vor allem auch Caritas dauerhaft zu finanzieren. Dazu muss sie Vermögen erwerben, besitzen, verwalten und veräußern können. Das Ziel ist, ihr Handeln finanziell abzusichern – es stellt damit keinen Selbstzweck dar. Die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat bedarf materieller, finanzieller Mittel. Das war auch schon zu Jesu Zeiten so. Rendite und Kirche lassen sich so gesehen sehr gut vereinbaren. Besitz bedeutet aber immer auch Verantwortung. Häufig wird die Kirche als eine moralische Instanz kritisch zu ihrem Besitz angefragt. Der Besitz ist ihr anvertraut, um damit nachhaltig und gewissenhaft zu wirtschaften. Verschwendung, Habgier und persönliche Bereicherung lassen sich mit einer christlichen Werteorientierung nicht vereinbaren. Genauso wenig kann eine Investition der Kirche zugunsten von etwa Kriegstreiberei oder Pornografie gerechtfertigt werden. Ein ethisches Investment hat Ausschlusskriterien, um ethische Widersprüche zwischen den Folgen eines Investments und dem Zweck der Einrichtung zu verhindern.


Eine besondere Rolle spielt für die Kirchen der Gedanke der ökologischen Nachhaltigkeit – sie sprechen von der Bewahrung der Schöpfung. Wie ordnen Sie klimapolitische Ziele im Gesamtkonzept des ethischen Investments ein?


Dr. Poirel: Die Bewahrung der Schöpfung ist tatsächlich seit jeher ein Ziel der kirchlichen Gemeinschaft. Der Aspekt der Ökologie ist im Gesamtkonzept des ethischen Investments nicht zu unterschätzen, denn er hat ebenso ökonomische wie auch soziale Komponenten. Eine wirtschaftliche Anlage mit einer dauerhaften Belastung der Ökologie kann keineswegs nachhaltig und vor allem nicht sozial gerecht sein. Sie wird auf Dauer auch den ökonomischen Zielen selbst schaden. Das trifft auch auf den menschlich bedingten Klimawandel zu, sodass klimapolitische Ziele ein wichtiger Bestandteil eines zur ganzheitlichen Linie bemühten ethischen Investments sind.

 

Letztendlich mehrt ein nachhaltiges Immobilienprojekt als ethisches Investment den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand.


Im Idealfall erfüllen also auch Immobilienprojekte nicht nur die geforderten ökologischen Standards, sondern wirken in mehrerlei Hinsicht nachhaltig?


Dr. Poirel: Vor allem am Beispiel der Immobilienprojekte kann man deutlich machen, wie divers der Begriff der Nachhaltigkeit ist. Selbstverständlich denken wir anfangs an ökologische Aspekte wie Dämmung, Strom- und Wasserversorgung. Ich bin froh, dass wir heute so hohe Standards haben. Ein Projektplaner kann aber mit seinen Entscheidungen, mit wem er überhaupt bauen und in welche Unternehmen er damit investieren will, schon einen Unterschied machen. Da können arbeitsrechtliche oder auch regionalwirtschaftliche Aspekte ausschlaggebend sein. Jedes Bauprojekt als solches unterstützt Arbeitsplätze und sichert Wohn- oder Arbeitsraum, was sowohl soziale als auch ökonomische Auswirkungen hat. Letztendlich mehrt ein nachhaltiges Immobilienprojekt als ethisches Investment den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand. 


Wo können sich Anleger informieren, die ihren Schwerpunkt auf ethische Investitionen verlagern wollen?


Poirel: Es gibt viele verschiedene Zugänge, um sich über das sehr aktuelle Thema zu informieren, und es gibt einige Banken, die sich bewusst auf ethische Investments spezialisiert haben. Die Deutsche Bischofskonferenz hat zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken eine Orientierungshilfe zu diesem Thema publiziert. Diese gibt sowohl Finanzverantwortlichen christlicher Einrichtungen als auch privaten Anlegern eine geeignete Übersicht über Kriterien und Zielperspektiven des ethisch-nachhaltigen Investierens. Darüber hinaus werden in der Orientierungshilfe Schritte zur Bestimmung und Weiterentwicklung eigener Anlagestrategien aufgezeigt.

 

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