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KI in der Immobilienbranche: Transformation mit Grenzen

Lesen Sie hier die Fortsetzung des Artikels „Künstliche Intelligenz: Wachstumsschub für die Wirtschaft” aus der vergangenen Woche. Der Beitrag erschien ursprünglich in der iQ02-2024. 


Dass die Möglichkeiten und Vorteile, die KI bietet, in den kommenden Jahren weiterwachsen und die Branchen nachhaltig prägen werden, dies bestätigt auch das bundesweit agierende Maklerunternehmen Betterhomes. Betterhomes ist ein Immobilienunternehmen, das sich auf die Vermittlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien spezialisiert hat. Durch eine umfassende Integration von Daten auch über die lokale Infrastruktur einer Immobilie, die sozioökonomischen Daten des Umfelds, über Grundpfandrechte und Transaktionsdaten könne ein „deutlich holistischerer Blick“ auf eine Immobilie entstehen als bei herkömmlichen Bewertungsmethoden, sagen die Betterhomes-Vertreter. 
Allerdings dürfte bei diesem holistischen Blick ein Aspekt auf der Strecke bleiben: KI stößt „bei der immateriellen Qualität eines Gebäudes an ihre Grenzen“, wenden die Immobilienexperten des global agierenden Dienstleisters JLL ein. Kriterien der Ästhetik, des Wohlbefindens, des „Flairs“ eines Objekts kann die Software bislang kaum operationalisieren. Auch die heute so sehr gefragten Soft-Skills im Business beherrschen die Chatbots noch nicht. „Sie können keine Körpersprache von Käufern und Verkäufern erkennen, um die notwendige Zusicherung und Ermutigung im Verkaufsgespräch zu geben“, heißt es in der JLL 2023 Global Real Estate Technology Survey. „KI ist erst in Zusammenarbeit mit Menschen wirkungsvoll.“ 

Digitale Transformation wird durch KI angekurbelt
Ihre bisherigen Leistungen überzeugen zumindest in der Branche. So wollen der JLL-Studie zufolge 80 Prozent der befragten Investoren und Entwickler ihr Technologiebudget in den kommenden drei Jahren erhöhen, vor allem im Bereich der Proptech-Lösungen, die sich mit der digitalen Transformation der Immobilienbranche befassen. In der Studie erwarten die Analysten nicht nur technische Vorteile für die Branche durch KI, sondern auch einen beachtlichen Nachfrageschub nach neuen Immobilien.
„Leistungsfähige Hardware, Kühlungsmöglichkeiten, verlässliche Energieversorgung, belastbare Hochgeschwindigkeitsnetzwerke, Cloud-Infrastruktur und ausreichend Speichermöglichkeiten benötigen viel Platz – und die Nachfrage nach entsprechenden Flächen wird angesichts der wachsenden Bedeutung von KI noch weiter zunehmen“, berichtet JLL in Frankfurt. In der dortigen Nahregion, dem Rhein-Main-Gebiet, ballten sich jetzt bereits 81 Rechenzentren – 33 weitere seien in Planung. Neue Assetklassen und Produktarten werden laut den Ergebnissen der Studie durch den KI-Boom entstehen. „Das ‚intelligente‘ Gebäude mit KI-kompatibler Infrastruktur wird zur Normalität“, heißt es dort. Und die neue digitale Technologie helfe dabei, den CO2-Ausstoß zu minimieren und den Gebäudebetrieb effizienter zu gestalten.

Ob aber die weitere Expansion der KI in ihrer Gesamtbilanz Klima- und Umweltbelastungen reduzieren wird, daran scheinen Zweifel angebracht. Der effizienten Steuerung und Optimierung von Gebäuden und des Energieverbrauchs in vielen Sektoren steht der hohe und weiter steigende Verbrauch der KI-Hardware an Elektrizität und anderen Ressourcen entgegen. „Rechenzentren verbrauchen heute 4 bis 5 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs“, argumentiert Ralf Herbrich, Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Potsdam.


Hoher Ressourcenverbrauch und wenig Transparenz 
Rechne man den Strombedarf von Laptops und Smartphones dazu, seien 8 Prozent erreicht. „Es gibt Schätzungen, dass der Verbrauch in den nächsten Jahren auf 30 Prozent ansteigen wird“, sagte Herbrich der Nachrichtenagentur dpa. Schon die leistungsstarken Prozessoren der modernen KI-Grafikkarten brauchten pro Stück soviel Energie wie ein Backofen mit 1.000 Watt Leistung. Für das Training auch nur eines KI-Modells liefen Hunderte solcher Geräte mehrere Wochen lang. 
Nicht nur der Strombedarf dürfte zur Herausforderung für den Klimaschutz werden, auch der Wasserbedarf der neuen Technologie erscheint beachtlich. In einer Studie der University of California und der University of Texas schätzten die Forscher, dass für das Training von ChatGPT-3 rund 5,4 Millionen Liter Wasser benötigt worden seien, allein 700.000 Liter für die Kühlung der Rechenzentren. Der Rest sei für die Stromerzeugung und für die Herstellung der Server verbraucht worden.

Neben den ökologischen Aspekten könnte sich auch die mangelnde Durchschaubarkeit vieler KI-Systeme als eine Hürde erweisen. „Es mangelt an Transparenz zur Herkunft der Daten, zur Datensicherheit und ob diese den Datenschutzanforderungen in Deutschland und Europa gerecht wird“, geben die Experten der JLL-Studie zu bedenken. „Die Aktualität der Daten lässt ebenfalls zu wünschen übrig.“ Bei ChatGPT basierten die Antworten lange auf einer Datengrundlage bis September 2021, seit vergangenem November (2023) hat der Chatbot Informationen bis einschließlich April 2023 mit aufgenommen. Aktuellere Ereignisse sind dort noch nicht erfasst. 
Kritische Stimmen aus der Finanzmarktbranche gibt es allerhand. So heißt es beispielsweise von einem internationalen Marktteilnehmer, dass die institutionellen Asset-Manager die Pflicht hätten, ihre KI-Systeme trotz all jener Schwachstellen den Anlegern immer noch zu erklären. Der Einsatz von KI-Modellen müsse logisch begründet werden. Fest steht: Wo viel Licht ist, gibt es auch viel Schatten. Je weiter der Einsatz der KI voranschreitet, desto mehr werden auch die Schwächen und Nachteile der neuen Technologie diskutiert.

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