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Licht (und Schatten) der ökonomischen Energiewende

Die Fortsetzung des Fokus-Artikels aus dem BVT Institutional Quarterly (iQ-01) 2024 beleuchtet das Thema Repowering sowie Fragen im Zusammenhang mit der Energiewende, deren Antworten noch nicht gefunden sind.

Die Kapazitäten der Erneuerbaren sind laut der International Energy Agency (IEA) im vergangenen Jahr global bereits um 50 Prozent gestiegen. Der rasche Zubau wurde demnach vor allem durch die fallenden Preise für Solarmodule ermöglicht. 2023 seien sie um fast die Hälfte gefallen, berichtet die IEA. Die Windenergie hingegen stehe wegen Unterbrechung von Lieferketten und höheren Kosten in einem schwierigeren Umfeld. In Deutschland zumindest hat sich der Ausbau der Windkraftanlagen bislang bewährt. 

Während 2013 der Anteil der Windkraft am gesamten Strommix nach Zahlen des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme (ISE) erst 8,4 Prozent erreichte, lag er schon 2023 bei 32 Prozent. Der Solarstrom erreichte zuletzt einen Anteil von 12,3 Prozent. Mit den zunehmenden Kapazitäten konnte die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke im April 2023 reibungslos kompensiert werden. Die Preise an der Strombörse fielen trotz des Atomausstiegs binnen eines Jahres um 24 Prozent.

Überbordende Bürokratie schafft Unsicherheit

Doch es weht auch ein kräftiger Gegenwind. Das noch immer zu schwache Leitungsnetz von der Nordsee bis in die Alpen ist die eine Hürde, eine andere der aktuelle Fachkräftemangel. Akteure der Windbranche kritisieren eine überbordende Bürokratie bei den Genehmigungsverfahren. Von der Antragstellung bis zur Inbetriebnahme einer Windkraftanlage seien oft sechs Jahre vergangen, berichtet Johannes Lackmann, Geschäftsführer der WestfalenWIND, in der „WirtschaftsWoche“. Die Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Bärbel Heidebroek, hingegen bezifferte im vergangenen Jahr die Dauer eines Genehmigungsverfahrens mit 24,5 Monaten.
  
Hinzu kommt beim Bau von Windkraftanlagen der komplizierte Transport großer Bauteile, für den viele Genehmigungen mit langen Wartezeiten eingeholt werden müssen. „Da stehen schon die Spezialkräne auf den Baustellen, die kosten jeden Tag 10.000 Euro, und dann warten wir noch Wochen auf eine Fahrgenehmigung“, berichtet Lackmann. Ob die Gesetzesänderungen im vergangenen Jahr die Genehmigungsverfahren deutlich verkürzen können, wird sich erst später zeigen. Die Unsicherheit führt nach Ansicht des Branchenmagazins „Klimareporter“ zur Zurückhaltung bei der Projektierung neuer Windkraftanlagen. So seien die ersten beiden Ausschreibungen der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr deutlich unterzeichnet worden. 

Die langen Verfahrenswege verunsichern die Branche umso mehr, als sich die Innovationszyklen bei den Windkraftanlagen verkürzen. „Heute wird eine Anlage nicht mehr vier bis sechs Jahre lang produziert, sondern etwa alle zwölf Monate kommt das nächste Turbinenmodell auf den Markt“, beobachtet Yves-Maurice Radwan, Bereichsleiter Green Deal Infrastructure bei der Commerzbank. Das mache Investitionsentscheidungen schwieriger, weil die nächste Anlagengeneration schon bald auf den Markt komme, sagte er dem Fachmagazin „Institutional Money“.

Repowering als Lösung, dennoch bleiben Fragen offen

Ein zunehmend beliebter Weg im Rennen gegen die Zeit ist das Repowering. Werden neue und leistungsstärkere Anlagen auf bereits genehmigten und erschlossenen Grundstücken errichtet, beschleunigt sich der gesamte Prozess bis zur Inbetriebnahme erheblich. Der Stromertrag aus modernen Windkraftanlagen sei etwa um das Vierfache höher als aus den Anlagen veralteter Generationen, konstatiert Radwan. Für institutionelle Investoren dürfte Repowering zunehmend interessant werden, zumal immer mehr Bestandsanlagen nach 20 Jahren Betriebszeit aus der EEG-Förderung fallen. 

So wirbt Hanse Windkraft, eine Tochter der Stadtwerke München, auf ihrer Homepage um Angebote zum Ankauf bestehender Windkraftanlagen. Der staatliche norwegische Energiekonzern Statkraft, der größte Erzeuger erneuerbarer Energie in Europa, hat bereits im vergangenen Sommer in Deutschland 35 und in Frankreich vier alte Windparks gekauft. Und der Energieanbieter VERBUND aus Österreich akquirierte im vergangenen Oktober ein Windkraftportfolio mit 56,4 Megawatt in Deutschland. 

So beeindruckend die Fortschritte hin zur Energiewende auch sind, so bleiben einige Fragen bislang offen. Die Entsorgung alter Rotorblätter ist noch immer weitgehend ungeklärt. Das Umweltbundesamt rechnet mit jährlich 20.000 Tonnen anfallendem Material, das entsorgt werden muss. Da die Rotorblätter meist aus Verbundstoffen bestehen, sind sie kaum recycelbar. In Deutschland und anderen EU-Ländern besteht ein Deponieverbot. Oft werden Altmateri-alien thermisch verwertet. Die Forschung sowie Entwicklung nachhaltiger Technologien stehen hier noch in den Anfängen. Mehr Investitionen scheinen erforderlich zu sein. Das Gleiche gilt für die Speicherung von Strom. Noch sind die Wege zum grünen Wasserstoff lang. Importe aus Namibia oder Kanada, die die Bundesregierung anvisiert, schaffen neue Emissionen durch den Trans-port. Investitionen in neue Speichertechnologien und regionale Konzepte könnten künftig ein neues Feld für Investoren werden.

 

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